18.10.2017 | BZ-Interview mit dem Vorstand

Unsere Hilfe bleibt in der Region!

BZ-Interview mit dem Vorstand der Stiftung Aktive Bürger

Seit 2004 unterstützt die „Stiftung Aktive Bürger Borken, Stadtlohn und Umgebung“ soziale Projekte mit Geld und Zeit. BZ-Redakteur Sven Kauffelt hat mit den beiden Vorständen Elisabeth Hüls und Berthold te Vrügt über die Stiftung gesprochen.

BZ: Frau Hüls, nach 13 Jahren Bürgerstiftung: Erinnern Sie sich noch an die Anfänge?

Hüls: Sehr gut sogar. Wir waren eine der ersten Bürgerstiftungen in der Region und sind relativ klein angefangen. Der Vorschlag zur Gründung kam aus den Reihen der VR-Bank, und ich bin von Anfang an als Ehrenamtliche eingestiegen. Vorstand und Kuratorium hatten wir relativ schnell zusammen. Vielen war rasch klar: Das ist eine gute Idee, da machen wir mit.

BZ: Welche Überlegung hat denn dazu geführt, dass die Region eine solche Stiftung braucht?

te Vrügt: Ich war bei der Gründung zwar noch nicht dabei, aber im Wesentlichen geht es bei der Frage nach bürgerschaftlichem Engagement um einen Punkt: Warte ich ab, bis ein Bedarf da ist und agiere dann quasi als Feuerlöscher? Oder versteht man es so, dass man aus sich heraus etwas für die Allgemeinheit tut? Die Stiftung steht für letzteres. Aus meiner Sicht gehört das zum Fundament unserer Gesellschaft: Der Bürger sollte von sich aus etwas tun, anstatt nach dem Staat zu rufen. Dieser subsidiäre Gedanke ist bei uns unheimlich stark handlungsleitend gewesen.

BZ: War es schwer, für diesen Gedanken einer Bürgerstiftung genug Mitstreiter zu finden?

Hüls: Das hat ganz gut funktioniert, weil wir uns als sozial-karitative Plattform verstanden haben. Wenn jemand etwas für andere tun möchte: Wie macht er das? Wir haben angeboten, dass diese Menschen sich bei uns engagieren und Geld oder Zeit zur Verfügung stellen können. Es gibt hier unheimlich viele Menschen, die helfen wollen – sie wissen häufig nur nicht wie.

BZ: Der regionale Ansatz war also entscheidend?

Hüls: Ja, von beiden Seiten aus gesehen. Leute aus der Region tun etwas für die Region. Und das garantieren wir: Alle Spenden werden in der Region eingesetzt.

te Vrügt: Die regionale Ausrichtung war letztlich auch entscheidend, um genug Unterstützer zu finden.

Hüls: Und auf der anderen Seite sind wir dadurch Anlaufstelle für potenzielle Empfänger geworden. Für Kindergärten, Altenheime oder Selbsthilfegruppen, die auf der Suche nach Unterstützern für ein Projekt sind. In diesen Fällen geht es nicht um Unsummen, da kann man schon mit 500 Euro eine Menge bewegen.

te Vrügt: Das hat mich am meisten überrascht in der Stiftungsarbeit: Wie wichtig kleine Beträge in einer Region sein können, in der es doch den meisten Menschen sehr gut geht. Mit 100 oder 200 Euro kann man aber soziale Einrichtungen, die es brauchen, richtig glücklich machen.

 

BZ: Kommen auch Einzelpersonen auf Sie zu und bitten um Hilfe?

 

Hüls: Nein, das ist nicht unser Stiftungszweck. Ein Beispiel: Wenn eine junge Mutter einen Kinderwagen benötigt, dann kann ihr zum Beispiel der Babykorb in der Brinkstraße in Borken helfen. Unser Ansatz ist, dass wir den Babykorb unterstützen in der Hoffnung, damit mehr Menschen helfen zu können.

 

BZ: Hat es sich etabliert, dass Menschen, die etwas tun wollen, auf die Stiftung zukommen und fragen, wie sie helfen können?

 

Hüls: Ja, das beobachten wir immer wieder. Wir haben mittlerweile ein gutes Netz an Helfern.

 

te Vrügt: Das hat schon zu tollen Projekten geführt. Nur ein Beispiel: Vor einigen Jahren ist der Nachwuchs der Rotarier auf uns zugekommen und hat gesagt: Wenn ihr ein schönes Projekt habt, könnt ihr einen Samstag über uns als Zeitstifter verfügen. Sie haben dann beim Umzug der Lebenshilfe geholfen. Für alle Beteiligten war das eine schöne Erfahrung.

 

BZ: Ohne Geld funktioniert eine Stiftung nicht. Wie hoch ist mittlerweile das Stiftungsvermögen?

 

te Vrügt: Da liegen wir bei über 700.000 Euro. Wenn man überlegt, dass die Gründungsstiftung damals bei 100.000 Euro lag, sieht man schon, wie sich das entwickelt hat.

 

BZ: Gelingt es denn heute noch, Zustifter zu finden?

 

te Vrügt: Wir hoffen, noch in diesem Jahr den 60. Zustifter gewinnen zu können, da sind wir auch sehr optimistisch. Hinzu kommt, dass wir die Möglichkeit sogenannter Namensfonds anbieten. Wenn jemand darüber nachdenkt, eine eigene Stiftung aufzulegen, kann er das unter dem Dach der Stiftung Aktive Bürger tun. Wir übernehmen die gesamte Infrastruktur, der Stifter kann seinem Fonds aber einen eigenen Zweck und einen Namen geben. Mittlerweile haben wir drei Namensfonds und weitere Interessenten.

BZ: Neben der Zustiftung kann man aber auch einfach spenden

te Vrügt: Ja, es gibt zwei Säulen: die Erträge aus dem Stiftungskapital und die Spenden. Das Kapital muss ja erhalten bleiben, da dürfen wir nicht ran. Wie viel wir jährlich ausschütten können, hängt also von den Kapitalerträgen ab, die beim derzeitigen Zinsniveau nicht so üppig sind wie in früheren Jahren. Diese Summe erhöht sich durch die Spenden, die hinzukommen.

 

Hüls: Uns ist es durch Spenden gelungen, die Summe, die wir jährlich ausschütten, konstant zu halten. Der Umfang der Spenden hat also zugenommen.

 

BZ: Wie viel schüttet die Stiftung pro Jahr aus?

 

Hüls: In den vergangenen Jahren immer zwischen 17.000 und 20.000 Euro. Um das zu halten, mussten wir aber auch sehr aktiv sein, um Spenden einzuwerben.

 

te Vrügt: Seit Gründung der Stiftung haben wir mittlerweile fast eine Viertelmillion Euro ausgeschüttet.

 

BZ: Ist die Stiftung von der VR-Bank als Gründungsstifterin unabhängig oder gibt es weiterhin finanzielle Unterstützung?

 

te Vrügt: Im Unterschied zu vielen anderen regionalen Stiftungen ist die Stiftung Aktive Bürger völlig unabhängig. Das ist auch eines von zehn Kriterien, die eine Stiftung erst zu einer wirklichen Bürgerstiftung macht. Die Bank hat uns zum zehnjährigen Bestehen noch einmal einen Matching-Fonds zukommen lassen. Das funktionierte so: Der Fonds hatte einen Grundstock von 15.000 Euro. Und jeden Euro, den ein Bürger zugestiftet hat, hat die VR-Bank verdoppelt.

 

Hüls: Im Tagesgeschäft hilft sie uns hier und da logistisch, finanziell sind wir völlig autark.

 

BZ: Wer entscheidet darüber, welche Projekte bedacht werden und welche nicht?

 

te Vrügt: Der Vorstand macht Vorschläge, und das Kuratorium entscheidet dann darüber. Das ist der vorgegebene Weg, der klaren Regeln unterliegt, um die hohe Transparenz zu gewährleisten, die ein weiteres der zehn Kriterien für eine zertifizierte Bürgerstiftung ist. Transparenz ist für die Glaubwürdigkeit einer Stiftung essenziell und wird durch das Zusammenspiel von Vorstand, Kuratorium und Stifterversammlung gewährleistet. Da geht es um die Geldanlage genauso wie um jede einzelne Ausschüttung.

 

BZ: Wo sehen Sie Weiterentwicklungsmöglichkeiten für die Stiftung?

 

te Vrügt: Ich glaube, dass es wichtig wird, eigene Ideen und Projekte noch stärker zu entwickeln als wir das bisher bereits getan haben. Darin steckt ungeheuer viel Potenzial.

 

Hüls: Und im Vernetzen von Menschen. Es gibt so viele Einzelpersonen und Gruppen, die tolle Dinge machen. Diese Menschen miteinander zu verbinden, das wird aus meiner Sicht in Zukunft noch wichtiger als alleinige finanzielle Unterstützungen.

(Quelle: Borkener Zeitung)